Eroberung (German Edition) by Laurent Binet

Eroberung (German Edition) by Laurent Binet

Autor:Laurent Binet [Binet, Laurent]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2020-11-25T16:00:00+00:00


37. Elisabeth

D as Edikt von Sevilla fegte wie ein Orkan über ganz Europa hinweg (denn so nannten die Leute ihre Welt, ehe sie zum Fünften Reichsteil wurde.

In Spanien war es logisch und einleuchtend, dass die Morisken und die Conversos die Ersten waren, die das neue Gesetz begrüßten, denn sie waren dessen unmittelbare Nutznießer. Atahualpa wusste, dass das Edikt ihm ihre Loyalität sicherte, aber er hütete sich, diese für unerschütterlich zu halten, denn er kannte sich aus mit Stimmungswechseln in der Bevölkerung.

In den deutschen Ländern, in Frankreich und in England (wie aus den oben präsentierten Dokumenten ersichtlich), sogar in der helvetischen Eidgenossenschaft, überall, wo die Lutheraner Zulauf hatten, wo sie verfolgt wurden, wo sie dafür kämpften, ihre alte Religion durch eine neue, verjüngte (wenn auch im Grunde der alten ähnliche, da sie dieselben Gottheiten anerkannte und ihnen nur nach unterschiedlichen Bräuchen zu huldigen wünschte), wurde das Edikt von Sevilla wie ein Hoffnungsschimmer im Dunkeln aufgenommen. Weil in Spanien der Traum von einer Welt ohne Inquisition Gestalt annahm, wurde vieles, wenn nicht realistisch, so doch zumindest vorstellbar, einschließlich Friede und Eintracht.

Luther schwieg zur Sonnenreligion, denn er konnte ihr nicht zustimmen.

Der französische König war von seiner ersten Nachsichtigkeit wieder abgekommen und wünschte keinen Frieden mit diesen Lutheranern zu schließen, deren Unverfrorenheit er missbilligte, weshalb er eher geneigt war, sie bei lebendigem Leibe zu verbrennen.

Doch andere, die das Gemetzel leid waren, wünschten sich weitere Edikte nach dem Sevilla-Modell.

Man erzählte sich furchtbare Geschichten, von Menschen, die bei lebendigem Leibe gevierteilt, gebraten und verzehrt wurden wie bei den Chirihuanas, was die Quiteños besonders anwiderte. Ein Brief von Margarete von Navarra berichtete, in Frankreich habe eine tobende Horde von Katholiken einem Lutheraner das Herz ausgerissen, und der Bericht von diesem Verbrechen, das die Königin selbst als «abscheuliche Metzelei» bezeichnete, kursierte im Alcázar und ließ die Inkas erschaudern. Solche furchtbaren Taten seien, so Margarete, die Folge von einem schwer nachvollziehbaren Glauben; die Anhänger der alten Religion im Orient wurden anlässlich der rituellen Handlungen in ihren Tempeln von ihrem Priester eingeladen, ein kleines weißes Gebäck zu essen und einen Schluck schwarzes Gebräu zu trinken, und glaubten durch ein Wunder der Einbildungskraft, das für die Quiteños schwer nachvollziehbar war, dass es sich wirklich um das Blut (denn das schwarze Gebräu schimmerte rot, wenn Licht darauf fiel) und den Leib ihres Gottes handelte, das sie da tranken und aßen.

Die Anhänger der neuen Religion wollten so etwas nicht glauben, aber die Quiteños hörten nichts dergleichen, dass sie weniger Verbrechen begingen. Auch sie verbrannten Menschen.

Die Söhne der Sonne wollten sich nicht daran gewöhnen, dass solche von so abwegigem Aberglauben verursachten Streitigkeiten in tödliche Konflikte ausarten konnten, manchmal sogar quer durch einzelne Familien oder Ayllus.

Vor allem in den deutschen Ländern sorgten diese Spaltungen für einen Lärm, dessen Widerhall bis nach Sevilla reichte.

Eine Prinzessin, die Lutheranerin geworden war, hatte ihren Mann, den katholischen Markgrafen von Brandenburg, verlassen und sich zu ihrem Onkel, dem Landgrafen von Thüringen, geflüchtet und nötigte ihn, in seinem Reich die gleiche Religionsfreiheit zu proklamieren, wie sie inzwischen in Spanien herrschte. Sie



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